Spätestens seit der Bundestagswahl ist klar: Demokratie ist kein Selbstläufer – sie muss gelernt, gelebt und verteidigt werden. Doch wie kann Schule die Grundlagen und Werte der Demokratie vermitteln? Wie können Lehrkräfte Meinungsbildung und Teilhabe fördern? Das diskutierten Bildungsexpertinnen und -experten am 16. Mai auf dem Westermann Summit in Berlin.
Zum Auftakt stellte Prof. Nina Kolleck, Bildungswissenschaftlerin an der Universität Potsdam, die Reibungspunkte zwischen demokratischen Idealen und der Schulwirklichkeit dar. Kolleck betonte die Rolle der Schule als “Baustein für die Gesellschaft von morgen“. Ihre aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, dass Jugendliche TikTok als primäre Quelle für politische Informationen nutzen. Junge Menschen müssten lernen, Informationen kritisch einzuordnen und Empathie für andere Positionen zu entwickeln. Schulen bräuchten zudem mehr Autonomie, um Schülern und Schülerinnen mehr Beteiligungsmöglichkeiten zu geben und so Demokratie erfahrbar zu machen.
Für Schriftsteller, Moderator und Journalist Michel Abdollahi erfordert es vor allem Mut, sich für die Demokratie einzusetzen, nämlich den Mut, für Überzeugungen einzustehen. Er berichtete von seinen Besuchen an Schulen, in denen sich Jugendliche abhängt und unverstanden fühlen. Sich für sie zu interessieren und direkt vor Ort zu sein, das sei ein wichtiger Schritt, um etwas zu verändern.
Mit Maja Zaubitzer, stellvertretende Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, Nina Kolleck und Florian Nuxoll, Lehrer, Podcaster und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Tübingen, diskutierte Abdollahi über echte Mitbestimmung schon im Klassenraum, über Unterstützung für die Lehrkräfte im Umgang mit Polarisierung und Extremismus und über darüber, wie Demokratie erlebbar gemacht werden kann. Für Florian Nuxoll ist die Situation ernst: „Wir brauchen wieder Gatekeeper von Informationen. Denn es gibt zu viele Akteure, die mich fehl- und missinformieren wollen, was eine Gefahr für die Demokratie darstellt.” Vier Sessions zu Themen wie „Hass im Netz“ oder „Futures Thinking“ gaben den rund 150 Teilnehmenden anschließend Gelegenheit, mehr über praktische Hilfestellungen im Unterricht zu erfahren.
„Der Westermann Summit hat gezeigt, wie wichtig es ist, aus unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema Demokratiebildung zu blicken“, erklärt Westermann-CEO Sven Fischer, „es ist klar geworden, dass die Schule ein zentraler Ort ist, um für den Wert der Demokratie zu sensibilisieren, demokratische Prozesse einzuüben und die Resilienz gegenüber Desinformation zu stärken. Schulen und Lehrkräfte dürfen dabei nicht allein gelassen werden. Wir haben heute aber auch gehört, was gegen Demokratieskepsis helfen kann – von Projekten wie dem Schulzoo, in denen junge Menschen Verantwortung übernehmen, bis hin zum Erlernen der notwendigen Fakten über Demokratie und des verantwortlichen Umgangs mit Informationen.“
Über den Westermann Summit
Der Westermann Summit bietet eine Plattform, um gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Bildung, Wissenschaft und Politik Konzepte für wichtige Bildungsfragen zu entwickeln und um sich auszutauschen und zu vernetzen. Er fand in diesem Jahr zum vierten Mal statt. Die Konferenz richtet sich an Verantwortliche aus Ministerien, Verwaltung, an Schulträger, Verbände und Schulleitungen.
Fotos: © David Außerhofer